Datenhändler herrschen über Profile von Milliarden von Menschen. Willst Du Deine Privatsphäre schützen? Ich zeige Dir, welche Dienste diese Unternehmen anbieten und wie alle Menschen in 14 Kategorien eingeordnet werden. Und natürlich kriegst Du wie immer einen Tipp, um weniger Spuren im Netz zu hinterlassen.
Der Datenhandel
Profile, also Zusammenstellungen persönlicher Daten einzelner Menschen, werden von Datenhändlern an Unternehmen aus zwei Gründen verkauft:
* zur Manipulation (auch Werbung) oder
* zur Bewertung (siehe auch Datenwache 002: “Daten überall” ).
Die Datenhändler
Zwei der großen Anbieter sind Oracle mit ihrer Data Cloud [1] und Acxiom. Beide verfügen über hunderte von Millionen bis Milliarden von Profilen.
Acxiom bietet u.a. Dienste an, um Daten, die Unternehmen aus verschiedenen Quellen gewonnen haben (z.B. aus sozialen Netzwerke und von der Firmenwebseite) zu einem Profil zu verschmelzen. Ausserdem werden Online- und Offlinedaten zusammengeführt. Das eröffnet dann ganz neue Dimensionen der “Betreuung”, wenn der Autohändler beim Besuch im Ladengeschäft zu Deinem Namen auch die Zusammenfassung aller Deiner vorherigen Onlinerecherchen erhält.
14 Schubladen
Das Programm Personicx [2] kategorisiert die Menschen in 14 Hauptsegmente wie
- “midlife, gut situiert” oder
- “alleinerziehend und statusarm”.
Zu jedem Hauptsegment gibt es bis zu 214 Untergruppen zur genaueren Klassifizierung, darunter die Begeisterungsfähigkeit für Esoterik und günstige Sportarten, aber auch welche Reisen wohin unternommen werden.
Ursprung der Daten
Viele Apps sind mittlerweile wahre Datenschleudern [3] und teilen Datensammlern z.B. mit, welche Reise Du planst oder wie gut Deine Sporteinheit war.
Oracle liefert in seinem Data-Directory [4] eine Auflistung seiner Datenquellen.
Acxiom kooperiert z.B. mit Samba TV [5], einer Software auf Fernsehern, die Sehgewohnheiten ermittelt. Der Spiegel hat dazu auf jeden Fall eine recht klare Meinung [6].
Und Visual DNA [7] sammelt Daten von Internetbenutzern, die Tests und Umfragen wie “Entdecke jetzt Deine Persönlichkeit” ausfüllen. Nach eigenen Angaben haben das bis jetzt bereits 40 Millionen Menschen genutzt.
Tipp: keine Online-Psycho-Tests
Aus den Erkenntnissen über Cambridge Analytica [8], die ihre Daten aus Persönlichkeitstests für Facebook-Benutzer gewonnen haben, und dem Vorgehen von Visual-DNA kannst Du lernen:
Mache Online-Tests nur dann, wenn Du wirklich weisst, was Du tust.
Hier findest Du die gesammelten Tipps für die Sicherheit Deiner Daten und Deiner Privatsphäre.
Der Newsletter der Datenwache
Die Datenwache hat ein Email-Rundschreiben und bietet Informationen zu aktuellen Themen. Dabei handelt es sich um exklusive Inhalte von der Wache. Selbstverständlich, aber zur Sicherheit noch mal ganz klar: Wir versichern Dir, Daten über Dich nicht mit irgendwelchen Datenhändlern zu teilen!
Links:
[1] Oracle Data Cloudhttps://cloud.Oracle.com/data-cloud [2] Acxiom Personicx
https://www.acxiom.de/standard-zielgruppen/ [3] App Tests
https://mobilsicher.de/schlagwort/app-test [4] Oracle Data-Directory] http://www.Oracle.com/us/solutions/cloud/data-directory–2810741.pdf [5] Acxiom kooperiert mit Samba TV
samba.tv/samba-tv-launches-tv-dmp-bring-speed-accuracy-digital-television/
(nicht mehr online, aber im Google-Cache noch verfügbar)
aber Artikel [6] ist dazu ganz interessant [6] der Spiegel dazu
http://www.spiegel.de/netzwelt/gadgets/smart-tvs-mit-samba-tv-denn-wir-wissen-genau-was-sie-gucken-a–1217072.html [7] Visual DNA
https://www.visualdna.com/ [8] Cambridge Analytica
https://www.sueddeutsche.de/digital/cambridge-analytica-wie-eine-firma-die-daten-von-millionen-facebook-nutzern-missbrauchte–1.3910421 [9] Bericht CrackedLabs
http://crackedlabs.org/en/networksofcontrol [10] Acxiom Data Catalogue
https://marketing.acxiom.com/rs/982-LRE–196/images/Data%20Catalogue%20for%20Audience%20Creation%20and%20Analytics_UK.pdf
im Wortlaut: die komplette Folge zum Nachlesen
Die Datenwache – der Podcast für Sicherheit und Privatsphäre im Internet
Hallo und schön, dass Ihr wieder eingeschaltet habt zur vierten Folge des Podcasts “Die Datenwache”, dem Podcast rund um Eure Privatsphäre und Schutz Eurer Daten im Internet. Ich bin Mitch und unser Thema heute sind Datenhändler, das heißt Firmen, die Daten sammeln, Daten aufkaufen und weiterverkaufen. Wir werden uns im Folgenden mal zwei Beispiele für solche Firmen anschauen, werden uns angucken, was so in deren Angebotsportfolio ist, wo die ihre Daten herbekommen und natürlich gibt es wie immer auch einen Tipp für Euch wie Ihre Eure Datenspuren deutlich reduzieren könnt.
Schon vorneweg mal eine Empfehlung, wenn Ihr zu dem Thema noch deutlich mehr lesen möchtet. Es gibt eine Studie von der Uni Wien vom Wolfie Christl und der Sarah Spiekermann “Networks of control”. Das habe ich Euch in den Shownotes als PDF verlinkt und es ist sehr empfehlenswert.
Die richtige Nachricht zur richtigen Zeit der richtigen Person.
Das ist das übergeordnete Motto, mit dem dieses ganze Onlinemarketing funktioniert und das ist auch das Motto, mit dem die großen Player in diesem Geschäft, agieren. Oracle hat so etwa drei Milliarden Profile. Man sagt, dass sie ihre Daten von 15 Millionen Webseiten bekommen und das Ziel ist, dass es für jeden Menschen irgendwann ein Profil gibt. Acxiom hat letztes Jahr 880 Millionen Dollar Umsatz gemacht, Profile von 700 Millionen Menschen und gesagt wird 3000 Datenpunkte pro Profil. Gucken wir uns nachher auch nochmal an, was das denn so alles heißt.
On-/Offline Daten verschiedener Quellen: Es wächst zusammen was (wirklich?) zusammen gehört?
Was haben solche Firmen jetzt im Angebot? Die bewerben die hauptsächlich zwei Sachen. Das eine davon dient jetzt primär erst einmal dem Zweck Daten verschiedener Quellen zu verknüpfen. Das geht dann so in die Richtung, wenn man zum Beispiel einen Datenpunkt hat von jemandem, der online beim Onlinekaufhaus einkauft, den anderen Datenpunkt wie die selbe Person in Social Networks unterwegs ist. Die dritte Person kauft online ein, aber von einem anderen Rechner. Wenn das alles die selbe Person ist, dann will man ja diese Informationen zusammen haben. Das geht so in die Richtung des Beispiels, das wir schon mal hatten.
Geräteübergreifende Profile
Wenn Ihr am Arbeitsplatz beim Onlinekaufhaus einkauft, zuhause mit dem Tablet einkauft und dann auf dem Iphone vielleicht noch in Social Networks unterwegs seid, dann sind das Informationen da ist es für die Werbeindustrie wichtig zu erkennen, dass das ein und dieselbe Person bloß unter verschiedenen Rahmenbedingungen ist. Das ist der eine Teil dieses Angebots. Der andere Teil des Angebots ist und das ist im Augenblick so ein bisschen der heiße Scheiß online und offline zu verknüpfen. Das macht auch Google mit einem Programm Attribution und das macht auch Facebook mit einem Programm namens Local Awareness, aber das bietet auch andere an.
Praxis-Beispiel für on-/offline-Verknüpfung von Profilen
Und da kann man sich natürlich schon überlegen, was das für interessante Szenarien gibt und ein Beispiel ist der Autohandel. Wenn Ihr ein neues Auto kauft, dann seid Ihr vermutlich vorher auch viel im Internet unterwegs und lest Testberichte auf irgendwelchen Seiten, wo unter Umständen Eure Daten erfasst werden aber erstmal als Onlineprofil, weil kein Name dahinter ist. Dann schaut Ihr Euch vielleicht in einschlägigen Foren um, was es denn so an Reparaturproblemen bei dem Auto gibt und wie zufrieden die Leute sind und dann fangt Ihr an Euch irgendwie auf solchen Autobörsen wie Autoscout nach Preisen zu informieren und nach gewissen Konfigurationen. Dann spielt Ihr ein bisschen mit dem Konfigurator auf der Webseite und irgendwann lasst Ihr Euch dann mal Prospekte nach Hause kommen, weil bei so einer teuren Investition sind schöne optisch ansprechende Hochglanzprospekte schon etwas feines, was man in der Hand hat.
Das ist dann so der Moment, wo die Falle zuschnappt. Das heißt da habt Ihr zu den ganzen Online-Profilen, die über irgendwelche Foren, über irgendwelche Webseiten mit Autoberichten, über Webseiten mit Autoverkaufsplattformen, hin zu der Webseite des Autoanbieters diese Onlineprofile, die darüber erstellt worden sind, mit Eurem realen Namen und Eurer realen Adresse verknüpft. Und dann kommt der nächste Schritt. Dann geht Ihr ins Autohaus und es kommt ein netter Verkäufer auf Euch zu. Er stellt sich vor und bietet Euch erstmal einen schönen Cappuccino an und fragt Euch noch kurz nach Eurem Namen und vielleicht Eurer Anschrift und entschuldigt sich dann mal fünf Minuten und lässt Euch da lecker an der Kaffeebar den Cappuccino schlürfen.
Dann kommt er nach fünf Minuten wieder und der Mann versteht Euch einfach als wärt Ihr Blutsbrüder. Oder vielleicht hat er auch einfach nach Eurem Profil sich dann auf irgendeiner dieser Datenhändlerplattformen erkundigt und hat mal geschaut, was man Euch denn wohl alles so verkaufen kann, bis wohin Ihr zu gehen bereit seid. Dann tut Ihr ein bisschen so als würdet Ihr wirklich handeln und dann werdet Ihr mal nach allen Regeln der Kunst entweder ordentlich bedient oder ausgenommen wie eine Weihnachtsgans. Das sind so Szenarien, was man sich vorstellen kann, wenn On- und Offlinedaten schön miteinander verknüpft werden.
Alle Menschen in 14 Schubladen
Ein anderes Angebot habe ich Euch auch mal eine Werbebroschüre als PDF in den Shownotes gemacht. Definitiv sehenswert. Dieses Programm geht davon aus, dass man alle Menschen irgendwie in 14 Gruppen unterteilen kann. 14 Hauptsegmente wird das dort genannt und da kann man es gut treffen. Dann landet Ihr nämlich so in der Midlife-Gut-Situiert-Gruppe oder in der Midlife-Genuss-Gruppe. Dann habt Ihr es vielleicht einigermaßen geschafft. Vielleicht ist es nicht ganz so geil, wenn Ihr in der Gruppe “Alleinerziehend und statusarm” landet. Dann gibt es noch 214 Untergruppen beziehungsweise Kriterien für die einzelnen Gruppen. Das sind dann solche Sachen wie alleinerziehend und statusarm heißt dann auch gerne mal “Ist an Mode interessiert” oder “Ist Esoterikempfänglich”. Also Zuckerkügelchen sind offensichtlich da dann sehr beliebt und “interessiert sich für günstige Sportarten”. Und bei “Midlife gut situiert” geht es dann mehr darum, was für ein Auto Ihr fahrt und wie oft verreist Ihr und wohin?
Woher kommen die Daten?
Jetzt fragt man sich natürlich, wie kommen die denn an solche Daten? Da gibt es viele interessante Quellen. Eine davon, da habe ich Euch ebenfalls einen Bericht im Netz von Mobilsicher.de dazu verlinkt, sind solche Apps wie zum Beispiel Tripadvisor. Solche Apps liefern einfach, wenn Ihr Euch darüber nach Angeboten umschaut oder über Angebote informiert, liefern die Informationen, was Ihr buchen wollt, in welche Stadt und wie lange Ihr dahin wollt, was Ihr bereit seid, dafür zu zahlen. Das liefern die an entsprechende Datenhändler. Oracle selbst hat ein schönes Datadictionary. Den Link zu dem PDF findet Ihr in den Shownotes. Darin beschreiben sie sowas wie 100 ihrer Datenquellen.
TV
Auch die GfK, bekannt für Umfragen und Einschaltquoten, wird als Datenlieferant an Oracle genannt, genauso wie so eine Set-Top-Box, die jetzt vielleicht in Deutschland nicht besonders bekannt ist, aber in Amerika durchaus beliebt. Und insgesamt scheint Fernsehen sowieso eine relativ interessante Sache zu sein. Denn auch andere haben als Datenlieferant einen Deal mit Samba-TV und die machen dann auch Werbung damit, dass es nicht nur darum geht, was man guckt, sondern auch wie lange man es guckt und ob es content, also Filme oder Serien, oder Werbung und was in der Zeit gemacht wurde. Und wenn man mal im Netz ein bisschen nach Samba-TV schaut, dann landet man ganz schnell bei irgendwelchen Sony-Fernsehern und der Frage, dass diese Sachen darauf installiert werden sollen. Da muss man sich vielleicht dann mal die Datenschutzerklärung von seinem Fernseher ganz genau anschauen.
Quiz
Wenn man aber denkt, dass das an Quellen schon perfide genug eigentlich sein sollte. Man kann alles irgendwie noch toppen und eine Firma namens VisualDNA versucht das mal ganz konkret. Die stellen Quize oder Umfragen oder solche Fragebögen nach dem Motto wer bin ich? Wo will ich hin? Was mache ich, wenn ich da angekommen bin? Und haben nach eigenen Angaben schon sowas wie 40 Millionen Teilnehmer und diese Firma wird als einer der ganz großen Datenlieferanten genannt und das Ganze erinnert unter Umständen irgendwie ein bisschen nach Cambridge Analytica, der Firma, die damals rund um Facebookskandal auch mit solchen Persönlichkeitsanalysen und Persönlichkeitsquizzen die Kundendaten von Facebookkunden entsprechend ausspioniert hat.
Tipp: vermeide Online-Befragungen
Damit kommen wir auch zu dem Tipp dieses Mal und der Tipp ist ganz klar: Wenn jemand Euch im Netz zu intensiv nach Euren persönlichen Daten fragt, vor allen Dingen, wenn es tatsächlich in dieses wirklich sehr Psychologische, Persönliche reingeht. Egal, was Ihr in der Vergangenheit gemacht habt. Jetzt wisst Ihr, das machen die nicht, um Euch ein nettes Ergebnis zu liefern, sondern da gibt es meistens nur einen einzigen Hintergedanken. Da geht es um Geld.
Hier findest Du die gesammelten Tipps für die Sicherheit Deiner Daten und Deiner Privatsphäre.
Zusammenfassung
Damit kommen wir auch zur Zusammenfassung. Wir haben uns Beispiel dafür angeschaut, was es an Datenhändlern im Netz gibt. Was die zum Teil für gigantische Datenmengen anbieten und wie Kategorisierung der Menschheit offensichtlich einfachst möglich ist in sowas wie 14 Hauptsegmente. Wir haben uns angeguckt woher diese Daten kommen und ganz klarer Tipp: Lasst die Finger von irgendwelchen Online-Test und Online-Umfragen. Zumindest, wenn es solche Persönlichkeitstests sind. Wenn Euch Euer Onlinehändler oder irgendein Kursanbieter wie Ihr seinen Kurs gefunden habt oder seinen Service, dann könnt Ihr sowas unter Umständen schon gut beantworten. Aber bei solchen Psycho-Umfragen lasst die Finger davon, wenn Ihr nicht ganz genau wisst, was Ihr tut.
Ihr findet in den Shownotes dieses Mal relativ viele Dokumente verlinkt. Vielleicht habt Ihr Lust Euch das eine oder andere davon anzuschauen. Ist definitiv sehenswert und dann freue ich mich, wenn wir uns in zwei Wochen wiederhören. Dann wieder mit dem Thema rund um Daten im Netz. Dieses Mal aber um eine extrem perfide Geschichte und zwar: Was alleine Deine E-Mail-Adresse über Dich aussagen kann und was es dazu für Angebote im Netz gibt. Ich freue mich, wenn Ihr mir bis dahin ein kurzes Feedback gebt, was Euch gefällt? Was Euch nicht gefällt? Was Ihr Euch mehr wünscht? Welche Themen Euch interessieren? Schreibt mir eine kurze Mail an Podcast@datenwache.de oder hinterlasst einen Kommentar auf der Webseite.
Bis dahin,
Euer Mitch.